Querverbindungen. Die eigentliche Magie von Ästhetik.

Was haben Philosophen der Antike, Künstler der Renaissance und zeitgemäße Unternehmensführer:innen gemeinsam?

Sie alle wissen um die Kraft der Querverbindungen – zwischen Ideen, Disziplinen, Tugenden und Perspektiven. Die Verschmelzung von Betriebswirtschaftslehre, Pädagogik, Design, Kunst, Literatur und anderen Bereichen ist nicht nur eine modische Innovation, sondern eine konsequente Weiterführung jahrhundertealter Weisheit.

Diese Disziplinen im Dialog zu führen, ist weniger ein revolutionärer Ansatz als vielmehr die Rückbesinnung auf ein integratives Denken, das die besten Lösungen oft dort findet, wo sich verschiedene Welten überschneiden und der Kern, ja die Essenz, einer Identität ausschlaggebend ist.

Und was für mich ganz natürlich ist, weil ich als Synästhetin so gestrickt bin, entdeckt die Welt gerade neu, weil sie mit ihren bisherigen Management-Strategien an lineare Grenzen kommt. Was kann also entstehen, wenn BWL und Pädagogik Händchen halten, wenn Produktmanagement in “Kunst” denkt und wenn Brandmanagement nicht nur nette Werbung ist, sondern Kernfusion?

 

Ästhetisch Führen

In der Unternehmensführung zeigt sich diese Logik zum Beispiel in der Art, wie Führungskräfte heute auf die persönliche Entwicklung ihrer Mitarbeitenden achten. Hier trifft die Betriebswirtschaft auf pädagogische Grundsätze: Effizienz und strategisches Denken verbinden sich mit dem Wissen darum, dass kontinuierliches Lernen und persönliches Wachstum die Basis für nachhaltigen Erfolg bilden. Diese Herangehensweise ist tief in der Erkenntnis verwurzelt, dass ein gesunder, lernender Mensch auch zum gesunden Wachstum eines Unternehmens beiträgt. Das ist Nachhaltigkeit in Reinform.

Stellen wir uns vor, ein Unternehmen setzt sich zum Ziel, eine neue Führungskultur zu etablieren. Während die BWL-Perspektive auf Produktivität, Engpass-Management und Zahlen fokussiert ist, bringt die Pädagogik das Prinzip der kontinuierlichen Entwicklung und Lernförderung ein. Durch das Zusammenbringen dieser Perspektiven entsteht eine Führungskultur, die nicht nur operative Exzellenz anstrebt, sondern auch das persönliche Werden der Mitarbeitenden in den Mittelpunkt rückt. Hier wird Ästhetik nicht nur als Designfrage betrachtet, sondern als eine Haltung, die den gesamten Führungsstil prägt: der Wert von kontinuierlichem Lernen und individueller Entwicklung wird als essenziell für den langfristigen Erfolg anerkannt.

 

Ästhetisch Entwickeln

Bei der Produktentwicklung zeigt sich die Verbindung von Design und Kunst in der Art und Weise, wie Produkte gestaltet – gedacht und gefühlt – werden. Design ist oft auf Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit fokussiert, doch wenn wir die Prinzipien der Kunst integrieren – wie Experimentierfreude und emotionale Tiefe – wird die Produktentwicklung zu einem kreativen Prozess, der über das rein Funktionale und Abverkaufsfähige hinausgeht. Diese Kombination führt zu Produkten, die nicht nur effizient und benutzerfreundlich sind, sondern auch eine ästhetische Dimension besitzen, die eine tiefere emotionale Verbindung zu den Nutzern herstellt. Die Wertschätzung von Ästhetik hier bedeutet, dass Produkte nicht nur ihre Aufgabe erfüllen, sondern auch Sinnlichkeit, Genuss und Inspiration bieten. Klingt ja nett, aber ist das notwendig? Klares Ja. Denn wenn alles nur noch unter Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit bewertet wird, entsteht nach kurzer Zeit Mittelmäßigkeit. Also Produkte, die gefallen. Doch Innovation eröffnet sich dort, wo wirklich Neues anregt und aufregt. Wo Wege völlig neu geschaffen werden und das führt in erster Linie auch zu Irritation. Dieses Phänomen kennen wir aus der Kunst und es ist Antreiber für Weiterentwicklung und Fortschritt.

Ästhetisch Positionieren

Die Markenidentität eines Unternehmens profitiert ebenfalls von der Verschmelzung von Design und Kunst. Ästhetik wird hier nicht nur als visuelles Element betrachtet, sondern als zentrale Haltung, die die gesamte Markenstrategie durchdringt. Ein Unternehmen, das Design und Kunst als Weltanschauung integriert, entwickelt eine Marke, die sowohl funktionale als auch emotionale Werte vermittelt. Das Ergebnis ist eine Markenidentität, die nicht nur in ihrer äußeren Erscheinung ansprechend ist, sondern auch in ihrer Botschaft und ihrem Einfluss auf die Kunden, Partner, potentiellen Mitarbeitenden – ihr gesamtes Umfeld.

Literatur und Philosophie wiederum bieten nicht nur Inspiration, sondern auch praktische Einsichten für das tägliche Geschäft. Anekdoten, Geschichten und emotionale Erlebnisse formen unsere Identität, sie helfen uns, komplexe Zusammenhänge zu verstehen, und sie stärken die Markenpräsenz, indem sie Unternehmen eine Stimme geben, die über reine Werbebotschaften hinausgeht.

Philosophie bringt die Tiefe und Reflexion, die in einer schnelllebigen Welt notwendig sind, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Und Biologie? Geografie? Sie sorgen auch – je nach ihrem Anliegen – für Querverbindungen. Systeme, die wir aus der Pflanzenwelt kennen, können Impulsgeber sein für technologische Lösungen. Distanzen und Eruptionen stehen sinnbildlich für Räume, Zuständigkeiten und “Märkte”, die man erschließen will.

 

Diese Verbindungen sind kein Zufall. Sie sind das Ergebnis eines natürlichen Prozesses, der darauf abzielt, das Beste aus verschiedenen Welten zu vereinen. Es ist eine evolutionäre Notwendigkeit, Disziplinen im Dialog zu halten – nicht, weil es modern ist, sondern weil es sinnvoll ist.

Unternehmen, die diese Logik anerkennen und in ihrer täglichen Praxis umsetzen, sind besser gerüstet, um in einer zunehmend vernetzten und komplexen Welt erfolgreich zu bestehen.

Der Schlüssel zu diesem integrativen Ansatz ist die Wertschätzung von Ästhetik – nicht nur als Oberflächenphänomen, sondern als tief verwurzelte Haltung, die alle Bereiche durchdringt.

Diesen Blick müssen in aller erster Linie Unternehmer und Unternehmerinnen einnehmen. Sie sind es die maßgeblich Disziplinen zusammenführen können und müssen. An ihnen liegt es diese integrative Haltung ins Unternehmen und damit auch in die Gesellschaft zu tragen.

Synästhetiker:innen, Künstler:innen, die in der Wirtschaftswelt agieren, Wissenschaftler:innen, die nicht nur Forschen, sondern über den Tellerrand in die Praxis schauen, sind dabei hilfreiche Resonanzflächen und Impulsgebende. Holen Sie sich solche Geister ins Haus und suchen Sie das Gespräch. Es wird Ihnen Querverbindungen in jeglicher Dimension schenken.

 

Ästhetik geht also weit über das hinaus, was auf den ersten Blick sichtbar ist. Ästhetik als Haltung fördert also eine ganzheitliche Betrachtung, bei der Effizienz und emotionale Resonanz, Funktionalität und kreative Inspiration gleichwertig geschätzt werden. Das Konzept ist nicht neu, lässt sich aber bisher mit den preußischen Tugenden nur schwer vereinbaren. Da gilt die ästhetische Betrachtung als Gefühlsduselei und alles, was stilvoll ist, kann reduziert werden. Übrig bleibt nackte Vernunft, das Verdrängen von Emotionen und das Aushalten von harter Disziplin. Verstehen Sie mich nicht falsch. Disziplin, im Kern Konsequenz, ist elementar, um innere Stabilität von Marken, Menschen und Unternehmen zu sichern. Dennoch muss sie in der Lage sein sich mit den menschlichen Sinneswahrnehmungen, Eigenheiten von Identitäten und Systemen verbinden können. Sturheit ist sonst das bessere Wort.

Wenn also bereits alle Management-Lehrbücher gelesen wurden, Strategie-Papiere unter Kopfzerbrechen entwickelt wurden und dennoch nicht verankert werden. Wenn der Alltag also anstrengend und komplex wird, weil sich alles verkrampft, dann ist das der Zeitpunkt auf das nächste Level zu gehen und die Perspektive zu ändern. Weisheit gewinnt Platz und Reife darf wachsen. Tugenden, die in der Antike als erstrebenswert galten.

Es wird Zeit für eine neue Betrachtung von Unternehmensführung. Es wird Zeit für die nächste Entwicklungsstufe. Und es wird Zeit für Ästhetik als sinnlich, systemisches Werkzeug um dem aktuellen Zeitgeist gerecht zu werden.

 
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Resonanz. Wenn Unternehmen berührt werden.

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